Für Engagement begeistern!

Inspirierender Fachtag der Fachstelle Engagementförderung

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Ein Bericht von Annegret Zander 

Über 100 Ehrenamtliche, Hauptamtliche und Interessierte jeden Alters trafen sich am Samstag, den 4. März im Haus der Kirche in Kassel, um aktuelle Trends und gute Ideen für die Ehrenamtsarbeit zu sammeln.

Selbstbewusste Engagierte
Die Leiterin der Fachstelle Engagementförderung Anneke Gittermann begrüßte Pfarrer*innen, Kirchenvorsteher*innen, Gemeindereferent*innen, Mitarbeiter*innen und Freiwilligenkoordinator*innen aus der Altenhilfe, der Telefonseelsorge, der Tafelarbeit, der Jugendarbeit, der Arbeit mit Geflüchteten, der Quartiersarbeit und viele mehr. 

Prälatin Marita Natt betonte in ihrer Begrüßung, dass das Ehrenamt sich deutlich verändert hat. Ein lebenslanges Ehrenamt gebe es immer weniger. Die Menschen seien gezwungen, ihrer Arbeit hinterher zu ziehen. Und „die Menschen sagen selbstbewusster als früher, was sie von uns erwarten, wenn sie sich bei uns engagieren“, so Natt. Qualifizierung und gute und individuelle Begleitung seien wichtige Faktoren in der Stärkung des heutigen Engagements.

Freiwilligensurvey: Empfehlungen fürs Engagement
Im Hauptvortrag am Vormittag ging Prof. Dr. Gerhard Wegner, Direktor des Sozialwissenschaftlichen Institutes der EKD auf die neuesten Zahlen und Trends zum Engagement in der Kirche ein. Er brachte die frisch gedruckte Sonderauswertung des aktuellen Freiwilligensurveys mit. Hier werden die konfessionell gebundenen Engagierten in den Blick genommen. Auffällig ist der überdurchschnittliche Einsatz konfessionell gebundener Personen, besonders hoch sei das Engagement freikirchlicher Christen. Die klassische Ortskirchengemeinde sei weiterhin ein Haupt-Engagementort. Aktuelle Studien belegten jedoch, dass Fusionsprozesse Schrumpfungsprozesse im Bereich des Engagements mit sich brächten, warnte Wegner. Man müsse hier sehr genau aufpassen. Im Blick haben müsse man auch den Engagementschwerpunkt im Bereich der traditionellen Lebensstile der Mittelschicht. Modernere Lebensstile und Menschen aus dem unteren Lohnsektor fänden sehr wenige Beteiligungsmöglichkeiten. Ein differenziertes Angebot sei hier notwendig.
Wegner betonte, dass die Motivation zum Engagement deutlich steigen könne, wenn Engagierte selbst entscheiden und gestalten könnten. Es sei notwendig die Anknüpfungspunkte für kurzfristiges Engagement deutlich zu erhöhen. 

Impulsforen: Den Blick aufs Engagement deutlich erweitert
In insgesamt acht Impulsforen wurden anschließend Ideen, Themen, gute Rahmenbedingungen und hilfreiche Perspektivwechsel in der Ehrenamtsarbeit und Engagementförderung aufgegriffen:
Aus Hamburg angereist, stellte Pastorin Ursula Kranefuß die Unterstützung bei der Entdeckung der eigenen Talente in den Mittelpunkt. Das eigens entwickelte Selbst-Bildungsprogramm des Instituts für Engagementförderung des Ev-Luth. Kirchenkreises Hamburg-Ost gebe Impulse zwischen beruflicher Neuausrichtung und Motivation für ein neues freiwilliges Engagement.
Hannes Jähnert, Engagementblogger aus Berlin, weitete den Blick auf die Möglichkeit über den eigenen Nahbereich hinaus Personen für befristete Engagements zu finden. Über Plattformen wie www.betterplace.org  könne man durchaus jemand finden, der die Homepage der Kirchengemeinde überarbeite. Das Engagement im Online-Bereich und die sich dort schnell entwickelnden Vernetzungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten seien auch für Ortsgemeinden eine gute Quelle.
„Darf´s ein bisschen mehr sein?“ fragte Cornelia Coenen-Marx, Pastorin, Autorin und Oberkirchenrätin a.D. in Bezug auf Spiritualität im Bereich der Arbeit mit Ehrenamtlichen. Sie stellte die Frage ob eine klassische Andacht durch die Pfarrerin zu Beginn einer Kirchenvorstandsitzung wirklich eine stärkende Funktion habe, wenn anschließend unter Druck eine lange Agenda abzuarbeiten sei. Sie ermutigte, das Priestertum aller ernst zu nehmen und Engagierte dabei zu unterstützen, ihre eigenen Kraftquellen z.B. beim spirituellen Beginn einzubringen. Als Beispiel berichtete sie vom Gorlebener Gebet, das seit 1989 von wechselnden Gruppen und Einzelpersonen allsonntäglich ganz unterschiedlich aber kontinuierlich durchgeführt wird.
In weiteren Impulsforen beantworteten jugendliche Engagierte und andere Expert*innen Fragen wie „Wie begeistern wir den Nachwuchs fürs Engagement? Welche Engagement-Formate funktionieren gut? Welche Rahmenbedingungen helfen, um Ehrenamtliche für eine längerfristige Mitarbeit zu motivieren? Wie gelingt die Zusammenarbeit?“ 

Inspiriert! Aus der Praxis für die Praxis
Am Nachmittag präsentierten sich unter der Überschrift „Inspiriert!“ ganz konkrete Praxis-Beispiele, darunter besondere Engagementformate wie You Go oder Kirchenführer, Projekte zum Nachmachen wie  Repaircafé, Bürgerbus oder der Gemeinde-Mittagstisch sowie Handwerkszeug, um Menschen fürs Engagement zu begeistern oder nachhaltig zu motivieren: ein Talentekurs, das Projekt „Flüchtlinge im Ehrenamt“, Freiwilligenkoordination in der Marburger Paulusgemeinde, der Online-Kurs "MOOC – Unser Dorf: Wir bleiben hier!" oder die Unterstützungs-Plattform „Hilfen für Helfer“.