Theologin:
Engagement der Alten ist keine Selbstverständlichkeit

Nürnberg/Hannover (epd). Die Kirche kann in Zukunft nicht mehr davon ausgehen, dass sich ältere Menschen ganz selbstverständlich ehrenamtlich engagieren. „Es gab immer die Einstellung, dass alte Menschen ohnehin da sind“, sagte die niedersächsische Theologin Cornelia Coenen-Marx dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Rentner der kommenden Jahre und Jahrzehnte würden viel stärker auf ihre eigenen Bedürfnisse achten, ist die Pastorin überzeugt. Sie könnten sich aussuchen, ob und wo sie ihre Energie und Kreativität einbringen wollen: „Ihre Ideen können Kirche vorantreiben, aber sie kommen nicht von allein.“
Die Kirche müsse in das Engagement alter Menschen künftig mehr investieren, statt es als kostenlosen Ersatz für das Hauptamt zu betrachten.
Dass aktive und selbstbestimmte Rentnerinnen und Rentner nachkommen, dürfe nicht bedeuten, dass Geld für Altenarbeit eingespart wird. Doch auch Anerkennung für das Engagement sei wichtig, ist die ehemalige Leiterin des Referats Sozial- und Gesellschaftspolitik der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) überzeugt. „Gerade während Corona konnten viele Ältere ihre Ehrenämter nicht mehr ausüben, weil sie selbst zur gefährdeten Gruppe gehörten.“ Viele hätten in dieser Zeit gemerkt, wie viel ihnen die ehrenamtliche Tätigkeit abverlangt habe und wie wenig sie dafür gesehen worden seien. Viele hätten das Ehrenamt danach nicht wieder aufgenommen.
Hinzu komme, dass die meisten Menschen im sozialen Ehrenamt Frauen seien, die ihr ganzes Leben lang unbezahlte Sorgearbeit leisteten. Gerade finanziell benachteiligte Frauen seien unter Umständen im Alter darauf angewiesen, Geld dazuzuverdienen, statt ihre Zeit kostenlos anzubieten, erläuterte Coenen-Marx: „Dieses Ehrenamtsmodell und dieses Frauenbild haben keine Zukunft.“ Die Theologin rechnet damit, dass Frauen sich in zehn oder 20 Jahren nicht mehr für Institutionen engagieren, sondern für ihre Altersgruppe, die nächste Generation oder für das, was ihnen Spaß macht. Um weiterhin neue Ehrenamtliche zu gewinnen, müsse die Kirche stärker auf verbindende Themen zwischen den Generationen setzen. Sowohl Alte als auch Junge müssten die Erfahrung machen, dass sie sowohl geben als auch nehmen könnten.